Howto - Linux

Von Pocket zu Wallabag

Zeichentrickfigur mit orangen Haaren sitzt nachdenklich an einem Schreibtisch vor einem Computer mit geöffneter Webseite, umgeben von chaotischem Kellerraum mit Regalen, Kisten und Lampen.

Oder: Dein eigener „Read-it-later“ Dienst, einfach selbst gehostet

Mozilla Pocket war ein „Read-It-Later“-Dienst, der im Sommer 2025 nach fast 10 Jahren eingestellt wurde. Pocket war über viele Jahre mit einer Schnittstelle in Firefox integriert, der Dienst selbst wurde von Mozilla teils kostenfrei teils als Abo (je nach Funktionsumfang) angeboten. Mozilla hat den Dienst nach längerer Überlegung eingestellt, zum einen um mehr Resourcen für die weitere Entwicklung der Kernprodukte Firefox und Thunderbird zur Verfügung zu haben. Zum anderen weil sich (laut Mozilla) das Netz weiter entwickelt hat, und daher ein „Read-it-later“-Dienst keinen großen Stellenwert mehr hat.

Mozilla Pocket Logo

Was ist ein „Read-it-later“ Dienst ?

Ein Read-it-later Dienst speichert die vom Nutzer ausgewählten Webseiten – und zwar in dem Zustand in dem sie aktuell sind – damit der Nutzer diese später lesen kann.

Dazu wird die jeweilige Webseite komplett heruntergeladen und in einer Datenbank gespeichert. Es handelt sich also nicht um ein Bookmark – die gespeicherte Seite ist auch dann weiterhin abrufbar, wenn diese auf dem Webserver selbst entfernt wurde. Man kann die gespeicherten Seiten dann kategorisieren oder mit tags versehen, und natürlich auch klassisch durchsuchen.

Je nach Dienst gibt es noch weitere Möglichkeiten als nur das reine Abspeichern: zum Beispiel Notizen zur Webseite hinterlegen, den Text der Seite über eine App vorlesen zu lassen oder auch unterschiedliche Export-Formate wie zB auf einen eBook-Reader oder klassisch als PDF.

Welche Anbieter gibt es ?

Wie schon erwähnt hat Mozilla den Dienst Pocket eingestellt, daher lasse ich diesen aussen vor. Neben wallabag gibt es noch einige weitere Anbieter, ich habe dazu die grundlegenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede in einer Tabelle aufbereitet.

FunktionwallabagInstapaperRaindrop.ioPinboard
Speichern / „Read later“Text-Modus, ArtikelbereinigungSpeichern, LesemodusBookmark + Artikel/Medien speichernBookmark als Grundfunktion
Offline-LesenApp + OfflineApp + OfflineTeilweise (Fokus auf Bookmark / Sync)Primär Bookmark
Tagging / LabelsTags, FilterOrdner, OrganisationTags, SammlungenTags, privat/öffentlich
Volltext-SucheVorhandenPremium-FunktionPro-FunktionTeilweise (Bookmarks)
Highlights / NotizenVorhandenNotizen, ZusammenfassungenNotizen als PremiumRudimentär vorhanden
ExportEPUB, PDF, JSON, CSVArchivierenPro-FunktionAPI + Export
LizenzOpen SourceProprietärProprietärProprietär
Fokus auf MedienPrimär Artikel/Text, eingebettete Bilder jaPrimär Artikel/Text, eingebettete Bilder jaBookmark, Artikel, Videos, MedienPrimär Links / Bookmarks

Es gibt noch einen weiteren Dienst namens Omnivore. Der Dienst wurde jedoch von einer anderen Firma übernommen und die Cloud-Funktion anschließend eingestellt. Eine aktive Entwicklung ist scheinbar nur noch in geringem Maße vorhanden – das letzte Release ist aus 2024, kleinere Änderungen am GIT-Repository scheinen aber nach noch vorgenommen zu werden. Da die Zukunft für Omnivore unsicher ist, habe ich in meiner Übersicht darauf verzichtet.

Wallabag – mit Docker / Podman, schnell und einfach

Mein aktueller Favorit als read-it-later ist wallabag. Es handelt sich dabei um eine open-source Lösung, die man recht schnell auf einem eigenen Server installieren und nutzen kann. Der Vorteil ist wie so häufig – Privatsphäre und vollständige Datenkontrolle. Die einfachste Installation ist als Docker-App und tatsächlich in nur wenigen Minuten aufgesetzt.

Wallabag Logo

Das System bringt eine Weboberfläche zur Bearbeitung mit – Plugins für den Browser sowie Apps für mobile Endgeräte sind ebenfalls vorhanden, um aus dem ganzen eine recht Runde Sache zu machen. Wer keinen eigenen Server betreibt aber dennoch mit Wallabag ausprobieren möchte, kann ein Konto bei einem Dienstanbieter erstellen, wobei dies allerdings wieder kostenpflichtig ist. Daher erwähne ich diese Möglichkeit nur der Vollständigkeit halber.

Installation auf Linux

Ich persönlich favorisiere Podman gegenüber Docker. Zum Unterschied bzw Gemeinsamkeiten der beiden Container-Plattformen werde ich in naher Zukunft einen eigenen Artikel veröffentlichen. Docker und Podman sind bei den Alltags-Kommandos praktisch austauschbar. Es sollte daher für euch kein Problem darstellen, bei den folgenden Beispielen einfach „podman“ gegen „docker“ zu ersetzen.

podman logo

Wallabag bringt als Docker-Container eine eigene Datenbank mit. Am einfachsten ist das Setup mit SQLite – das sollte man allerdigs nur zu Testzwecken verwenden. Bei einer regulären Installation wird von SQLite abgeraten.

$ podman run -p 80:80 -e "SYMFONY__ENV__DOMAIN_NAME=http://localhost" wallabag/wallabag

Wie bereits erwähnt könnt ihr das Kommando „podman“ einfach gegen „docker“ ersetzen, je nach Container-Dienst auf eurem Rechner. Nachdem ihr den Aufruf abgeschickt habt wird der aktuelle Container aus dem Docker hub heruntergeladen und gestartet. Ihr könnt nach dem Start in eurem Browser http://localhost aufrufen um Wallabag abschließend zu konfigurieren.

Ich setze in meiner Umgebung auf PostgreSQL. Diese wird einfach als zusätzlicher Container gestartet.

Mit den folgenden Kommandos startet ihr den PostgreSQL-Container und anschließend Wallabag.

$ podman run --name wallabag-db -e "POSTGRES_PASSWORD=my-secret-pw" -e "POSTGRES_USER=my-super-user"-d postgres:9.6
$ podman run --name wallabag -e "POSTGRES_PASSWORD=my-secret-pw" -e "POSTGRES_USER=my-super-user" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_DRIVER=pdo_pgsql" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_HOST=wallabag-db" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_PORT=5432" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_NAME=wallabag" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_USER=wallabag" -e "SYMFONY__ENV__DATABASE_PASSWORD=wallapass" -e "SYMFONY__ENV__DOMAIN_NAME=http://localhost" -p 80:80 wallabag/wallabag

Das sieht jetzt etwas überladen aus, ist aber doch recht einfach. In den allermeisten Fällen müsst ihr lediglich das Login für den Super-User der PostgreSQL anpassen (my-super-user + my-secret-pw) sowie den Domainnamen (http://localhost).

Sobald die Container laufen könnt ihr die abschließende Konfiguration über euren Browser durchführen. Um das ganze möglichst einfach zu nutzen gibt es Browser-Plugins für Firefox oder Chrome, sowie entsprechende Apps für Android oder iOS.

Hab ich was vergessen ?

Die Überschrift lautet „Von Pocket zu Wallabag“, da gehe ich nun am Schluß auch noch drauf ein. Pocket wurde wie erwähnt im Sommer 2025 eingestellt. Sofern ihr den Dienst vorher genutzt habt und eure Datenbank von dort exportiert habt, kann diese ganz einfach in Wallabag importiert werden.

Das ganze läuft extrem einfach, da es bei Wallabag eine auf Pocket angepasste Import-Funktion gibt. Ihr geht daher einfach über die Weboberfläche über „Mein Konto“ und dann weiter bei „Importieren“. Ihr benötigt von Pocket ein CSV oder ein HTML-Export. Ich selbst hatte nur ein paar Hundert Seiten in Pocket, der Import auf meiner kleinen VM hat nur ein paar Sekunden gedauert.

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